Bischofshandschuhe

Aus RDK Labor
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englisch: Bishop's gloves; französisch: Gants pontificaux; italienisch: Guanto vescovile.


Joseph Braun S.J. (1941)

RDK II, 780–782


RDK I, 1107, Abb. 2. Essen, 12. Jh.
RDK II, 781, Abb. 1. Brixen, 13.–14. Jh.
RDK II, 781, Abb. 2. Halberstadt, E. 15. Jh.
RDK II, 781, Abb. 3. Freiburg i. B., 18. Jh.

Bischofshandschuhe (Pontifikalhandschuhe, chirothecae) sind zur Pontifikaltracht, nicht zur bischöflichen Alltags- oder Amtskleidung gehörende Fingerhandschuhe. Sie kamen seit E. 9. Jh. bei den Bischöfen in Gebrauch, und zwar wohl zuerst im Frankenreich, von wo aus sie sich dann allmählich allgemein im Abendland einbürgerten. Anlaß zu ihrer Einführung war wohl die Absicht, entsprechend der seit Jahrhunderten üblichen liturgischen Fußbekleidung die pontifikale Gewandung um einen liturgischen Schmuck der geweihten Hände des Bischofs zu vervollständigen. Die Verleihung des Privilegs, sich der Pontifikalhandschuhe zu bedienen, an Äbte läßt sich zuerst im 3. V. 11. Jh. zuverlässig nachweisen.

Nach römischem Brauch kamen die B. seit alters nur beim Pontifikalamt zur Verwendung, und auch bei diesem nur bis zur Händewaschung vor der Opferung, nicht aber bei anderen feierlichen Pontifikalhandlungen, daher nur wenn der Bischof die pontifikale Meßkleidung mit Kasel als Obergewand trug; nach deutschem Brauch fanden sie bis ins 16. Jh. eine ausgiebigere Verwendung, da der Bischof sich ihrer auch bei Abhaltung des feierlichen Offiziums, bei Prozessionen und sonstigen feierlichen pontifikalen Amtsverrichtungen bediente, bei denen er als Obergewand das Pluviale benutzte. Auf Darstellungen von Bischöfen in der deutschen Kunst tragen diese daher auch die B. nicht bloß, wenn sie in der Kasel als Obergewand abgebildet sind, sondern ebenso, wenn sie, wie das seit dem 14. Jh. das Gewöhnliche war, im Pluviale wiedergegeben sind.

Als Material brauchte man zu den B. bis ins 12. Jh. gewöhnlich Leinen, seitdem jedoch vorwiegend Seide. Ihrer Farbe nach waren sie ursprünglich stets weiß, und zwar noch im 13. Jh. Farbige Chirotheken bürgerten sich erst seit dem 14. Jh. ein, der liturgischen Tagesfarbe entsprechende erst im 16. Jh. Schwarze B. hat es jedoch nie gegeben, weil der Bischof bei pontifikalen Totenämtern und am Karfreitag sich keiner Handschuhe bedient. – Hergestellt wurden die B. ursprünglich mit der Nadel in einer Art von Schlingenarbeit, weshalb sie auch in den schriftlichen Quellen der älteren Zeit als inconsutiles bezeichnet werden. Ein Beispiel eines B. dieser Art aus dem 12. Jh. hat sich in der ehemaligen Abteikirche zu Werden erhalten; Reste wurden im Dom zu Speier in einem der 1900 aufgedeckten Bischofsgräber gefunden. Wiedergegeben ist ein mit der Nadel angefertigter B. bei dem aus dem 12. Jh. stammenden Basiliusarmreliquiar im Münster zu Essen (RDK I, Sp. 1107, Abb. 2). Seit dem 14. Jh. wurden die B. in der Regel gestrickt. Beispiele aus dem 14., 15. und frühen 16. Jh. gibt es noch im Dom zu Prag [2, S. 371], in der Wenzelskirche zu Alt-Bunzlau (Inv. Böhmen 15, S. 50), im Dom zu Brixen [2, S. 372] und im Dom zu Halberstadt [2, S. 373]. Durch Zusammennähen entsprechend zugeschnittener Zeugstücke scheinen schon im MA die B. nur ausnahmsweise hergestellt worden zu sein.

Der Einschlupf der Handschuhe wurde seit etwa M. 13. Jh. gern verlängert und erweitert oder mit stulpenförmigen Ansätzen versehen, die in den Inventaren manicalia oder pugnalici genannt werden. Im ersten Falle erhielt er eine solche Weite und Länge, daß er in Form eines Zipfels, der gern mit einem Quästchen abgeschlossen wurde, vom Handgelenk herabhing. Die Bildwerke bieten dafür manche Belege. B. mit Stulpen entstanden selbst noch im 18. Jh. (Abb. 3). B., die keine Verlängerung und Erweiterung des Einschlupfes erfuhren oder nicht mit Stulpen versehen wurden, pflegte man schon im MA um den Saum des Einschlupfes herum mit einem Zierbesatz oder einem gestickten Börtchen zu umranden (Abb. 1).

Nie fehlte auf dem Rücken der B. eine Verzierung. Sie bestand im MA bald in einem aus Metall bestehenden Zierplättchen, in den Inventaren monile, fibula, tassellus genannt (Abb. 1), oder in einem in Stickerei ausgeführten, nicht selten mit Perlen besetzten Zierscheibchen (Abb. 2), die eine Darstellung Christi, Marias, des Gotteslammes, der Rechten Gottes, ein Kreuzchen und ähnliches enthielten. Im späten MA aber schmückte man außerdem auch wohl noch den ganzen Rücken mit Stickereien. In nachmittelalterlicher Zeit begnügte man sich gewöhnlich damit, ihm in Gold ein ornamentiertes Kreuzchen oder das Monogramm des Namens Jesu aufzusticken.

Zu den Abbildungen

1. Brixen, Dommus., gestrickter Bischofshandschuh mit gestickter Borte, 13.–14. Jh. Auf dem Handrücken romanisches Emailzierplättchen mit dem hl. Paulus. Phot. Verf.

2. Halberstadt, Dom, gestrickter Bischofshandschuh mit Lamm Gottes auf dem gestickten Zierscheibchen, E. 15. Jh. Phot. Verf.

3. Freiburg i. B., Münster, gestrickter Bischofshandschuh mit gestickter Stulpe und gesticktem Zierscheibchen, 18. Jh. Phot. Verf.

Literatur

1. Fr. Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters, Bonn 1856ff., Bd. 2, S. 131ff. 2. Braun, Lit. Gewandung, S. 359ff. 3. Ders., Die liturgischen Paramente in Gegenwart und Vergangenheit, Freiburg 1924, S. 154ff.